Reise zu den Kölner Sternen

Planetarium KölnKöln. Das steht für Karneval, Eishockey, den Dom und das beste Bier der Welt. Köln-Touristen lieben das Schokoladenmuseum, eine Schifffahrt auf dem Rhein und ein Kölsch im Früh. Aber Köln bietet abseits dieser ausgetretenen Pfade etwas ganz Besonderes: Eine Reise zu den Sternen.

Das Kölner Planetarium ist außergewöhnlich. Es benötigt keine herausragende Architektur wie das Hamburger Planetarium. Und auch nicht die große Kuppel aus Bochum. Oder gar die jahrhundertelange Tradition der Bonner Sternwarte. Nein. Auf kleinem Raum im Schulkeller des Blücher-Gymnasiums hat das bunte, sympathische Team einen ganz besonderen astronomischen Ort geschaffen: Zum Staunen, zum Lernen und zum Lachen.

Ein Samstagnachmittag in Köln. Ich stehe vor der hölzernen Eingangstür des Planetariums an der Blücherstraße. Die Sonne scheint strahlend hell über dem Schuldach. Ich bin viel zu früh, ein Schild an der Tür blinkt: Einlass ab 17.30 Uhr. Zeit genug, sich den Flyer im Glaskasten durchzulesen, der neben der Tür hängt: Jeden Samstag gibt es eine Vorstellung für verschiedene Altersklassen. Auf dem Programm stehen allgemeine Führungen. Es gibt spezielle Vorträge über unsere Planeten sowie hoch komplexe Themen wie die Bestimmung der Entfernungen im Weltraum. Hier ist für jeden Astronomie-Fan der passende Vortrag dabei.

Heute höre ich mir einen Vortrag zu unserem Heimatstern an: Die Sonne. Um Punkt 17.30 Uhr schwingt die hölzerne Tür auf. Durch eine zweite dieses Mal eiserne Tür betrete ich den Museumsbereich des Planetariums und befinde mich sofort in einer anderen Welt:

Ein Miniatur-Sonnensystem thront über meinem Kopf. An den Wänden strahlen mir Fotografien von Planeten entgegen. Zeichnungen dekorieren selbst die letzte freie Stelle der wohl vorher nackten, grauen Kellerwand. Durch das kleine Milchglasfenster fällt spärliches Licht, in dessen Strahlen die Miniaturplaneten tanzen. Insgesamt eine geheimnisvolle Atmosphäre, ein Gefühl von Neugierde und Spannung überkommt mich. Die Geräusche aus den Lautsprechern – extraterrestrische Laute aus dem All? – verstärken dieses Gefühl.

Langsam steige ich die niedrigen Stufen hinab und blicke in den nächsten Raum. Jeder Winkel erzählt seine eigene Geschichte: Ein Nachbau vom Schwarzen Loch lädt zum Spielen ein. Ein Druckknopf löst einen Mechanismus aus, eine Kugel springt hervor und rollt in kreisenden Bewegungen in die Mitte des Schwarzen Loches, wo es anschließend verschwindet. Komplizierte astronomische Begebenheiten anhand eines genialen Einfalls kinderleicht erklärt – das ist das Kölner Planetarium.

Ich gehe staunend, beinahe ehrfürchtig, durch die schmalen Gänge, immer verfolgt von astronomischen Geräuschen. Meine Augen sind fast überfordert mit der Informationsflut, die mit jedem weiteren Schritt ansteigt. Faszinierende Fotos von Kometen, Nebeln und Supernovae, kleine Modelle von Radioteleskopen, Computerbildschirme für die Wissbegierigen, alte Sternenkarten, Astronautennahrung und 3D-Postkarten – das Planetarium ist schon ohne die Vorstellung ein Paradies für Sternengucker.

Endlich ist es soweit. Die Vorstellung beginnt. Ganz anders als in „normalen“ Planetarien startet das Kölner Team heute mit einem Vortrag zu unserer Sonne. Ein junger Mann erklärt uns im Vortragsraum unter der gewölbten glitzernden Decke, auf der die Sternzeichen prangen, mit Witz und Charme alles Wichtige zu unserem Heimatstern. Die Stimmung ist locker, es werden Fragen gestellt, es wird applaudiert. Ich nehme viel Wissenswertes mit. Und möchte dennoch viel mehr über unseren Stern lernen – die Freude an der Astronomie, auch das vermittelt das Planetarium.

Nach dem Vortrag kommt der „entspannte Teil des Abends“, wie Tim nach seinem Vortrag lachend sagt. Erneut steige ich eine kleine Treppe hinab und befinde mich endlich mittendrin: Im Kölner Planetarium. Auf gepolsterten Sesseln aus den 60er Jahren nehmen alle 30 Besucher bequem Platz. Der Projektor in der Mitte zieht direkt meine Aufmerksamkeit auf sich. Das Besondere in der Domstadt: Hier wird noch richtig Hand angelegt. Tim setzt sich vor das Zeiss-Planetarium, bedient ein paar Knöpfe, lässt die Sonne in rasanter Geschwindigkeit hinter der Skyline von Köln verschwinden und schenkt uns einen traumhaften Sternenhimmel. Die Reise zu den Sternen hat endlich begonnen.

Er entführt uns in eine Welt voller mythischer Gestalten, kämpfender Fabelwesen und fremden Galaxien. Ich blicke wie gebannt auf das Sternbild Jungfrau und lausche dem Mythos: Eines Tages wird Persephone, Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter, von Hades, dem Gott der Unterwelt, entführt. Demeter liebte ihre Tochter über alles und war erfüllt von Trauer. Keine Blume blühte mehr, kein Baum trug länger sein grünes Blätterkleid. Der Winter brach ein, die Erde war kalt und grau. Göttervater Zeus aber konnte Hades zu einem Deal überreden: Persephone solle für die eine Hälfte des Jahres bei ihrer Mutter sein. Die andere Hälfte des Jahres würde sie zurück in die Unterwelt gehen. Und so erklärten sich die alten Griechen die Jahreszeiten: Wenn Persephone bei ihrer Mutter verweilte, war diese so glücklich, dass Blumen und Bäume in sommerlicher Pracht erblühten. Sobald Persephone aber zu Hades zurück kehrte und Demeter zu trauern begann, brach der Winter ein.

Nur eine von vielen mythologischen Geschichten, die anhand der vielen Sternbilder und Sternzeichen erzählt werden. Doch auch das astronomische Fachwissen kommt nicht zu kurz. Ich lerne, wie man den Polarstern findet, warum es „Das rote Auge des Stiers“ heißt und wie die Pleiaden, oder die sieben Schwestern zu ihrem Namen kamen. Man taucht tief ein in die astronomischen Weiten. Man verliert sich fast und vergisst alles um sich herum.

Viel zu schnell ist die astronomische Erzählstunde vorbei. Langsam lässt Tim die Sonne wieder aufgehen, bis sie über dem Dom steht. Die Reise zu den Sternen ist zu Ende. Es gibt großen Applaus. Ich bin begeistert von der Vorstellung im Planetarium, das definitiv mehr als nur einen Besuch wert ist: Der humorvolle Mix aus griechischer Mythologie, astronomischem Fachwissen und manchmal etwas schrägen Wegweisern zu den hellsten Sternbildern ist perfekt gelungen.

Ich verlasse das Planetarium und trete wieder durch die hölzerne Tür hinaus auf die Blücherstraße und schaue den Schulturm hinauf zu der großen Teleskop-Kuppel, die im abendlichen Licht glänzt. Hinter den Dächern von Nippes geht die Sonne langsam unter.

 

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